Mathias Pöschl
i´m every woman
In einer anfänglichen Beschäftigung mit Mathias Pöschls Werk steht die Frage danach, was einen jungen, weißen, in Österreich lebenden Künstler an den Idolen und Werten afroamerikanischer Populär- und Gegenkultur interessiert. Wenngleich Pöschl als ehemaliger Basketballspieler persönlichen Bezug zu einem traditionellen Schauplatz für die Identitätsbildung der „Black Community“ hat, verweist seine erste Einzelausstellung in der Georg Kargl BOX, die eine Assemblage korrespondierender und vielschichtig kommunizierender Arbeiten zeigt, doch weit darüber hinaus. Pöschl demonstriert darin eine Auseinandersetzung mit Fakten und Symbolen afroamerikanischen Widerstands und ihrem Eingang in die zeitgenössische Trivialkultur. Seine selbstauferlegt sorgfältige und dokumentarisch-archivarische Herangehensweise, die überreich an assoziativen Bezügen ist, lässt seinen künstlerischen Ansatz nahe an die Methodik der wissenschaftlichen Forschung heranrücken, die zuerst Hypothesen aufstellt und sodann in mannigfacher Weise überprüft. In dieser facettenreichen Untersuchung postuliert Pöschl Bezüglichkeiten und Hypothesen. Dabei geht es ihm weniger um eine Stringenz in der Narration oder den Versuch einer chronologischen Darstellung der Ereignisse, vielmehr entsteht im bewussten Nebeneinander von Medien und Inhalten eine subjektive (Be-)Deutungscollage, die das kritische Bewusstsein dafür schärfen soll, dass Kulturgeschichte und Referenzen nicht nach eindimensionalen, objektiven Kriterien betrachtet werden können.
Angelpunkt der Betrachtungen ist der Pfauenthron, in dem Huey P. Newton, Mitbegründer und Vorsitzender der Black Panther Party, einer afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung der 1960er und 70er Jahre, sich auf seinem Buchcover „Revolutionary Suicide“ in Herrscher-Pose inszeniert. Wie in einer Collage gruppiert Pöschl in seiner Arbeit neben Newtons Buchcover ein Foto der keck in einem Pfauenthron posierenden US-amerikanischen Soul- und Popsängerin Chaka Khan, deren erster großer Hit aus 1978 „I’m every woman“ auch Titelgeber für die Ausstellung ist. Dem stellt er eine signierte Autogrammkarte des James Bond-Girls Honor Blackman bei. Blackman verweist durch ihren Ratgeber zum Thema Selbstverteidigung zurück auf die frühe Geschichte der Black Panther Party als diese noch den Zusatz „for Self-Defense“ trug. Dieser wurde 1968 gestrichen, als die Organisation von Staat und FBI zur „größten Bedrohung der nationalen Sicherheit“ ausgerufen und zum offenen Angriffsziel wurde. Das war auch das Jahr, in dem Eldridge Cleaver, US-amerikanischer Schriftsteller, Mitbegründer der Black Panthers und geistiger Vater der Bewegung an den US-Präsidentschaftswahlen teilnahm. Davon zeugen einige Ansteck-Buttons mit markigen Sprüchen auf einer schwarzen Lederjacke – der informellen Uniform der schwarzen Panther – an einem Garderobenhaken neben Blackmans Ratgeber. Cleavers Porträt ist in großer Detailarbeit in einer fotorealistischen Graphitzeichnung festgehalten, die Pöschl in einen schwarzen undurchsichtigen vitrineartigen Rahmen montiert hat, zusammen mit dem Cover für einen Emmanuelle-Film. An der gegenüberliegenden Wand bedient sich die Titelheldin der erotischen Pose einer Safari-Jägerin – die Waffe im Anschlag und im Pfauenthron sitzend. Pöschls eigene Aufnahme der stets wiederkehrenden Requisite spielt mit der Vermischung dieser erotischen und revolutionären Schauplätze. Er unterwirft das Foto des Pfauenthrons mittels Vaseline auf der Kameralinse einem Weichzeichner-Effekt und positioniert den Stuhl – wie in Newtons Buchcover – auf ein Zebrafell, das auf einem floßähnlichen Bretterverschlag zu liegen kommt. Das Floß als von Newton bemühtes Sinnbild für eine revolutionäre Transition in eine bessere Zukunft hängt zerbrochen von der Decke des Ausstellungsraumes, ein angekettetes jedoch immerhin geborgenes Wrack. Es gemahnt an das Scheitern von Utopien und zusammen mit der Leerstelle auf Pöschls Foto des Pfauenthrons letztendlich an die Inhaltsleere und Austauschbarkeit, die durch Aneignung dieses ursprünglich indischen Thronsessels in der Populärkultur geschieht.
Text: Julia Löschl
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