Gerwald Rockenschaub
use it, break it, fix it, try it *
Unter dem Titel use it, break it, fix it, try it verpflichtet sich Gerwald Rockenschaub einmal mehr einer Ausstellungspraxis, die auf präzise raumauslotende Vorgänge der architektonischen Eigenheiten der Galerieräume und visuelle Verknüpfungen rekurriert. Rockenschaub verwendet bei seiner aktuellen Ausstellung bei Georg Kargl Fine Arts verschiedene Werkgruppen, bricht mit Wahrnehmungsgewohnheiten, indem er sie in neue räumliche Beziehungen und farbliche und materialästhetische Kontexte setzt, sie präzise im Raum verortet und ein nicht ironiefreies Spiel zwischen den unterschiedlichen Werkkomplexen versucht: use it, break it, fix it, try it.
Den Besuchern schiebt sich gleich im Eingangsraum eine mächtige Skulptur aus drei verdreht übereinandergeschichteten Quadern in den Weg, die in ihrer weiß, schwarz, grauen Lackierung eine harmonische Farb- und Formsymbiose mit den weißen Wänden, dem Metallstufenabgang, und dem grauen Empfangspult eingeht, das Rockenschaub, ursprünglich verkehrspurpur lackiert, seit seiner letzten Ausstellung als permanente Raumintervention hinterlassen hat. Der erste Unterraum der Galerie wird im Gegensatz zum Eingangsraum nicht von einer Arbeit dominiert, sondern eher farblich markiert. Obwohl auf den Wänden nur jeweils ein kleines Wandobjekt platziert wurde, das aus zwei stark kontrastierenden Farbquadern besteht, entfalten diese eine ungeheure Präsenz und Dynamik. Damit zeigt sich einmal mehr die eigentliche Könnerschaft Rockenschaubs: Räume durch einen pointierten Minimalismus in stets gewagter Farbkombinatorik gepaart mit höchster Materialästhetik und technischer Ausführungsqualität neu erfahrbar zu machen.
Seit den frühen achtziger Jahren entwickelte Rockenschaub ausgehend von Zeichnung und Malerei eine einfache Formensprache, die der Welt der Piktogramme und Populärkultur entlehnt wurde und sich in einer Verschneidung von Kunst, Design und Medien zu Werken materialisiert, die der jeweils aktuellen technischen Realisierbarkeit und dem modernen industriellen Materialkanon geschuldet ist. Just an der gegenüberliegenden Wand der Galerie, an der in der vorangegangenen Ausstellung zum Thema Texte in der Kunst Bleistiftzeichnungen aus den Jahren 1982-1984 gezeigt wurden, platziert Rockenschaub nun Zeichnungen von 2007 und verweist selbstironisch auf die Kontinuität und die Stringenz seines künstlerischen Formenvokabulars.
Welches radikale Entwicklungspotential in einem bereits ausformuliert geglaubten Werkkomplex stecken kann, führt Rockenschaub im Oberlichtsaal der Galerie eindrucksvoll vor Augen. Intarsien aus farbigem Acrylglas, die in Farben und Formen an jene erinnern, die er erstmals 2007 entwickelt hat, haben ihren Objektcharakter verloren, indem sie nicht mehr auf einem Eichenholzrahmen montiert, sondern von einem solchen umgeben sind. Der massiv ausgeführte Rahmen unterstreicht die Bildhaftigkeit der Arbeiten und verweist letztendlich auf den erweiterten Malereibegriff Rockenschaubs, der sich in den letzten 30 Jahren stets neu definiert und künstlerisch verdichtet hat. Die streng auf gemeinsame Unterkante gehängten Acrylbilder, die mit ihren puristisch geglätteten Oberflächenreiz jegliche persönliche Handschriftlichkeit ausgeschlossen haben, werden mit neuen Wandobjekten aus bunt lackiertem MDF in Beziehung gesetzt. Fast scheint es, als hätten sich die piktogrammartigen Formen aus dem bildnerischen Zusammenhang gelöst und zu eigenständigen Objekten verselbständigt, die den fix zugewiesenen Platz im räumlichen Gefüge verlassen und die Wände in unterschiedlichen Höhen besetzen. Sie erinnern in ihren Formen an einen Ballon, ineinander geschobene Wassertropfen oder ineinander verkeiltes Gekritzel und tangieren in einer Durchdringung von Hoch- und Populärkultur einen Diskurs von Abstraktion und Gegenständlichkeit. Sie überspielen die herkömmlichen Gattungsgrenzen von Malerei und Skulptur und gehen eine Verbindung von Bildhaftem und Objekthaftem, von dreidimensionalem Bild und zweidimensionaler Skulptur ein.
Die Quintessenz von Gerwald Rockenschaubs Arbeit war nie das Einzelwerk, sondern immer eine räumliche Gesamtintervention, die sich an dem jeweils konkreten Ort entzündet und durch die exakt konzipierte Platzierung der Werke den Blick zu leiten und herkömmliche Wahrnehmungs-gewohnheiten zu brechen und zu erweitern im Stande ist. Seine Ausstellungen scheinen stets einer übergeordneten Logik zu folgen, wobei sich in den letzten Jahren - möchte man in der Diktion an den DJ Gerwald Rockenschaub gemahnen - die Regler von ironisch cooler Zurückhaltung in Richtung heitere, spielerische Note verschoben haben.
Text: Fiona Liewehr
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