Erwin Thorn
Erwin Thorn hat in der Auseinandersetzung mit den Diskursen der konzeptuellen Avantgarde in den 1960er Jahren eine eigenständige künstlerische Position entwickelt. „Punktuelle Verwandtschaften mit den visuellen Strategien eines Hans Bischoffshausen und Parallelformen zur Arbeit der Künstler der Düsseldorfer ZERO-Gruppe um Heinz Mack, Otto Piene und Günther Uecker lassen sich ausmachen. […] zugleich interessiert ihn Arbeit und Einstellung des Karl Prantl“, fasst Roland Schöny zusammen(1).
In großen Rauminstallationen, skulpturalen Bildern bzw. bildartigen Skulpturen, Collagen und feinen Papierarbeiten untersucht er emanzipative Perspektiven mit dem Konzept von Sprache und Umkehrung bei der Frage nach den tradierten Verhältnissen und der visuellen Kommunikation von Ereignissen. Rhythmus und Wellen, die auch an Schallwellen denken lassen und den klanghaften Aspekt von Sprache verdeutlichen, sind wichtiges Moment in Thorns konzeptuellen Arbeiten. „Seine Bildsprache lässt sich als visuelles, linguistisches System umschreiben, in dem die Koordinaten aus Erhebungen und Vertiefungen bestehen“, und setzt er sich damit „bewusst in eine Differenz zum individuell gestischen Ausdruck des abstrakten Expressionismus, der Art Autre und des Infomel“ (Schöny), ebenso wie zum esoterischen Interesse von Bewegungen der europäischen Kunstszene. Seine Abkehr von den Pathosformeln der 50er und 60er Jahre zeigt sich in einer „reduktionistisch formalen Ordnung“, wie Thorn selbst (2) schreibt. Dabei ist „das Nichts nicht nichts, sondern eine atmende Fläche“, die mit architekturhaftem Charakter abstrakte Konstrukte räumlich thematisiert und von konkaven und konvexen Verformungen systematisiert scheint. Jenseits jeglichen Manierismus greift er in glatte Flächen ein, manipuliert sie und setzt seine formalen Prinzipien in unterschiedlichen Werkgruppen um. Perspektivwechsel des Betrachters verdeutlichen das komplexe Spiel mit Strukturen - mit Schatten und Licht, Auslassungen und Verzerrungen, sichtbaren und sich erst in der Bewegung des Betrachters offenbarenden Formen, die Thorn als zeichenhaft versteht.
Mit Ironie und Witz bricht Thorn immer wieder die semiologische Ebene. Die Bezeichnung "Ohrwaschel“ für einige der Objekte macht humorvoll die Verbindung von Erhebungen und Vertiefungen als Form, von bildhaften Assoziationen zum tongebenden Rhythmus und zu Sprache auf. Er begreift „das visuelle Medium als Sprache – und Sprache transportiert sehr wohl Inhalte“ (Thorn). Dabei schließen „Ernst und Sinnlichkeit einander nicht aus, sondern sind die Bedingung füreinander“ (Schöny). Diesem Primat sind alle Form- Untersuchungen Thorns verpflichtet, was sich deutlich in der biomorphen Rauminstallation „Von der Wiege ins Boot“ zeigt. In die Raumecke eingepasst, zerfließt ein an ein Gelenk mit Knochen erinnerndes Vertikal, gerinnt scheinbar an den Rändern, erinnert an „große zarte Tropfen“, wie Alfred Schmeller eine Skulptur Thorns 1960 rezensierte, und ist dabei das „plausible Ergebnis einer kritischen Reflexion über die griechische Säule als Machtsymbol“ (Schöny).
(1) Roland Schöny in: Zum Werk des Künstlers Erwin Thorn. Konzeptuelle Avantgarde mit ironischen Tupfern. Parnass 03/2008. S. 98–102.
(2) Farben Lust und Form Gedanken. Abstrakte Wege in Österreich 1900 – 2000. Nagler, Gabriela; Patka, Erika (Hrg.). o. J. o. O. S. 119.
Biografie
1930 - Wien - 2012
Ausgewählte Einzelausstellungen
2024
approaching space - androgynous, approaching space - meta-a-morphosis, Georg Kargl Fine Arts, Wien
2010
Apropos Blei, in Anbetracht der Wörter, die Beredsamkeit der Folie, Georg Kargl Permanent, Wien
2008
Erwin Thon, Georg Kargl Box, Wien
1979
Arbeiten 1959-1979 und work in progress - Dokumentation, Modern Art Galerie, Wien
1972
Spiele Spielen, Galerie nächst St. Stephan, Wien
1971
WEISS, Museum des 20. Jahrhunderts, Wien
1970
Galerie im Taxispalais, Innsbruck
1969
Galerie nächst St. Stephan, Wien
1967
Österreichisches Kulturforum, Rom
1964
Galerie Wulfengasse 14, Klagenfurt
Ausgewählte Gruppenausstellungen
2024
Blind Date - Die Sammlung Maximilian und Agathe Weishaupt im Dialog mit der Sammlung Liaunig, Museum Liaunig, Neuhaus
Pop Art, The Bright Side of Life, Albertina Klosterneuburg, Klosterneuburg
Vom Faden zur Form, Kunthaus Dahlem, Berlin
2023
Schau! Die Belvedere Sammlung von Cranach bis EXPORT, Belvedere, Wien
2022
Lost in Space, Raum, Ding und Figur – Entwicklungen innerhalb der Skulptur seit 1945, Museum Liaunig, Neuhaus/Suha
2021
Avantgarde und Gegenwart. Die Sammlung Belvedere von Lassnig bis Knebl, Belvedere 21, Wien
2020
The Beginning. Kunst in Österreich 1945 - 1980, Albertina Modern, Wien
2019
Alfred Schmeller. Das Museum als Unruheherd, mumok, Wien
2018
CONCENTRATION - a tribute, Gesellschaft für projektive Ästhetik, Georg Kargl, Wien
Umrahmung schräg gekippt. Sammlung Liaunig in Bewegung, Museum Liaunig, Neuhaus
Reduction, Gesellschaft für Projektive Ästhetik, Georg Kargl, Wien
2017
Ästhetik der Veränderung. 150 Jahre Universität für angewandte Kunst Wien, MAK, Wien
European Abstraction from the 1960’s & 1970’s, Stellan Holm Gallery, New York
2016
Carol Bove meets ZERO, Galerie Koch, Hannover
2015
Zero. Positionen, Galerie Koch, Hannover
2014
Impulse, Reason, Sense, Conflict, CIFO – Cisneros Fontanals Art Foundation, Miami
Texte in der Kunst, Georg Kargl Fine Arts, Wien
2013
Zero Avantgards 1965 – 2013, Galleria Christian Stein, Mailand
2012
1964, Georg Kargl Fine Arts, Wien
2010
High Ideals & Crazy Dreams-Groupshow, curated by Gerwald Rockenschaub, Galerie Vera Munro, Hamburg
Personal Structures. Time – Space – Existence, Künstlerhaus Palais Thun und Taxis, Bregenz
Personal Structures. Time – Space – Existence, Georg Kargl Fine Arts, Wien
Fine Line, Georg Kargl Fine Arts, Wien
2009
Feedbackstage, Georg Kargl Fine Arts, Wien
Feedbackstage, Galerie Thomas Schulte, Berlin
2001
Farbenlust und Formgedanken. Abstrakte Wege in Österreich 1900-2000, Heiligenkreuzerhof, Wien
2000
Farbenlust und Formgedanke. Abstrakte Wege in Österreich 1900-2000, Frauenbad, Baden bei Wien
1996
Die 60er Jahre oder als alles möglich wurde. Kunst und Kultur in Österreich 1960-1970, Schloß Herberstein, St. Johann bei Herberstein
1984
1984 - Orwell und die Gegenwart, Museum des 20. Jahrhunderts, Wien
1971
Aquarelle - Druckgraphik - Handzeichungngen - Plastik, Galerie Krinzinger, Bregenz
1970
Nebenprodukte, Galerie nächst St. Stephan, Wien
Österreichische Kunst 1979, Schloß Eggenberg, Graz
1969
Hommage an das Schweigen, Tiroler Kunstpavillon, Innsbruck
Surrealismus ohne Surrealisten - Künstler ohne Kunst, Galerie nächst St. Stephan, Wien
Surrealismus ohne Surrealisten - Künstler ohne Kunst, Galerie im Taxispalais, Innsbruck
1968
Werke der III. Internationale Malerwoche, Neue Galerie Joanneum, Graz
Neue Dimensionen der Plastik in Österreich, Galerie Taxispalais, Innsbruck
Plastiken und Objekte, Museum des 20. Jahrhunderts, Wien
Symposium, Retzhof
1966
Zero avantgarde 1966, Galleria associazione Zen, Brescia
Zero avantgarde 1966, Il Segno, Rom
Konfrontation 66, Galerie Heide Hildebrand, Klagenfurt
1965
Bischoffshausen, Hartlauer, Prantl, Thorn, Forum Stadtpark, Graz
Zero avantgarde 1965, Atelier di Fontana, Mailand
Zero avantgarde 1965, Galleria del Cavallino, Venedig
Zero avantgarde 1965, Galleria il Punto, Turin
Aspekten van een nieuwe Konseptiez, Galerie 20, Arnhem
Biennale nova tendencija III, Gallery of Contemporary Art, Museum of Arts and Crafts, Zagreb
1964
Biennale Art Sacre, Paris
1962
Symposion Europäischer Bildhauer – Kleinplastiken, Galerie im Griechenbeisl, Wien
1960
International Biennal of Prints, Cincinnati Art Museum, Cincinnati (OH)
Sommerausstellung, Galerie im Griechenbeisl, Wien
Galerie Junge Generation, Wien
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