Gabi Trinkaus
girl's gotta have it
Setzt man voraus, dass Kunst und Schönheit einander nicht bedingen, so präsentiert Gabi Trinkaus mit ihren Portrait- Collagen in der Georg Kargl BOX eine schlüssige Antwort auf die Trivialisierung und Kommerzialisierung des guten Aussehens, sowie auf eine Industrie, die ein Übermaß vereinheitlichten Glamours produziert. Unter Nutzung der Printmedien als ihre Materialquelle entwickelt Trinkaus eine Reihe unsanft behandelter frontaler Shots von Gesichtern, die einer „Vorher-Nachher“-Dokumentation der Schönheitsindustrie entsprungen sein könnten. Auf den ersten Blick erscheinen die Portraits ruhig und ernst, von nahezu fotografischer Genauigkeit. Bei näherer Betrachtung erkennt man allerdings, auf das unbeständige Terrain unzähliger kleiner Ausschnitte aus Lifestylemagazinen verführt worden zu sein und verliert sich im Übermaß der gestellten Aufgabe.
Während des Arbeitsprozesses verwendet die Künstlerin Stecknadeln zur Plazierung der Papierstücke auf der Leinwand. Es entsteht der Eindruck eines Patienten, der – durch Akkupunktur in künstlichen Schlaf versetzt – das Arrangement/Dearrangement seines Gesichtes abwartet. Firmenlogos großer Kosmetikkonzerne mischen sich unter reine Farbflächen, Stücke kleingedruckter Schrift erscheinen im Meer der herausgeschnittenen Teile als die Poren der zusammengefügten Haut. Diese Ausschnitte sind mit wütendem Schwung und in solch einer Materialfülle in zahlreichen Schichten angebracht, dass sich der Vergleich mit der Ausdauer und der beeindruckenden Fingerfertigkeit einer Industrienäherin ebenso aufdrängt, wie der mit einem Chirurgen, der mit verfeineter Klinge hantiert.
Mit gewonnener Distanz zum Bild beeindruckt die Relation des Größenverhältnisses zum eigenen Kopf. Tatsächlich sind diese Porträt-Collagen beinahe zwei Meter hoch und beanspruchen den forschenden Blick des Betrachters. Auf diese Weise fordert uns die Arbeit heraus, den Prozess der Bildfindung nachzuvollziehen und die Auseinandersetzung mit dem Bild neu zu erfahren. Durch das arrangieren/dearrangieren von Gesichtern aus dem Fundus einer Industrie, die utopische Bilder der „perfekten Frau“ produziert, durch das Zusammenfügen dieser Gesichter im langwierigen Prozess eines Patchworkstils, entwickelt Gabi Trinkaus Hybriden aus klassischen Portraits und ihrem eigenen kritischen Diskurs, der die Verletzlichkeit solcher Illusionen entblößt.
Text: Alexander Viscio, Künstler, lebt und arbeitet in Wien
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