Gallery Kicken Berlin as guest in Vienna
KICKEN IN WIEN. DIE WELTMEISTER
In den 1880er Jahren kam eine neue und internationale Generation von Fotografen auf: sie traten Fotoclubs bei, stellten in Museen aus und veröffentlichten Arbeiten in Elite-Magazinen. Ihr Stil war bekannt als „Piktoralismus“ und wurde schnell zu einem Teil der künstlerischen Avantgarde – mit der Verwendung symbolistischer Themen, der Raffinesse des Art Nouveau und der Handwerklichkeit der Arts and Crafts Bewegung. Piktoralistische Fotografen verband die Vision, Kunst diene der Läuterung des Geistes, kultiviere den guten Geschmack und verschönere das Alltagsleben. Fin-de-siècle Modernismus war nicht alt, müde und dekadent – sondern frisch, jung und von Anfang an dazu bestimmt Eingang in die Museen zu finden. An Museumswänden hängend, direkt neben Malerei und Grafik, proklamierte jedes piktoralistische Bild thriumphierend die Botschaft, dass Fotografie Kunst ist.
Die so genannten alternativen fotografischen Prozesse – komplexe fotomechanische Techniken zur Erschaffung plastischer Bildsymbolik – wurden entwickelt um die glatte Kälte der technischen Natur des Mediums zu verwandeln und dem Betrachter die Erkenntnis zu ermöglichen, dass Bilder den Augen und Händen eines Künstlers entspringen, keiner indifferenten Maschine. Das bekannteste stilistische Hilfsmittel des Piktoralismus` war die Verwendung des Weichzeichners. Er verwandelte das fotografische Bild in ein Design von Atmosphäre und Stimmung und erlaubte ihm mit der emotionalen Wirkung symbolistischer Malerei zu konkurrieren. Er lehrte das Auge feinste Nuancen von Licht und Schatten wahrzunehmen. Piktoralistische Fotografien verdeutlichten dass Bilder aus Licht gemacht sind – nicht viel anders als ein Aquarell von Cézanne.
Der Enthusiasmus der die Wiederentdeckung der Fotografie als Kunst in den 1970er Jahren begleitete, schloss den Piktoralismus nicht unbedingt mit ein. Ein wichtiger deutscher Fotografiehistoriker erklärte öffentlich, dass piktoralistische Fotografie „historisch gesehen ein Fehler“ war, und viele teilten diese Ansicht. Mittlerweile hat uns zeitgenössische Fotografie gezeigt, wie modern Piktoralismus tatsächlich ist. Wie zu der Zeit des Piktoralismus erobern junge Fotografen erneut die Kunstmuseen – ein Sieg der durch künstlerisch manipulierte, großformatige Arbeiten errungen wurde. Die Wiederentdeckung der Frühzeit der Fotografie zeigt uns die darin verborgene Modernität. Wir werden uns bewusst über die fotografischen high-tech Drucktechniken hinter Heinrich Kühns großformatigen bichromaten Drucken, Rudolf Koppitz auffallend modernen Eindruck eines Feldes mit Raben, welcher den Betrachter an einen japanischen Holzschnitt erinnert, oder Robert Demachys symbolistische Interpretation der unvergänglichen Sage von Adam und Eva, welche merklich die Spuren des Eingriffes durch den Künstler trägt.
Letztendlich finden wir denselben versteckten Modernismus in Arbeiten, welche Glas- und Stahlkonstruktionen hinter klassischen Fassaden verbergen. Die fotografische Kunst des Piktoralismus ist ähnlich komplex. Wir sollten der verschwommenen oberflächlichen Schönheit nicht erlauben uns in die Irre zu führen, liegt darunter doch der Kubismus der modernen Welt begraben.
Die Ausstellung der Galerie Kicken Berlin in der Georg Kargl BOX beinhaltet mehr als 40 Meisterwerke der piktoralistischen Fotografie aus der Zeit zwischen 1896 und 1916 – viele davon Einzelstücke renommierter Künstler wie Robert Demachy, Rudolf Koppitz, Heinrich Kühn, Edward Steichen und Alfred Steglitz. Außerdem sind seltene Arbeiten von noch zu entdeckenden Künstlern, wie Erwin Raupp und der Malerin und Fotografin Elise Mahler zu sehen.
Die Ausstellung wird von einem ausführlich illustrierten Katalog, mit Essays von Monika Faber und Wilfried Wiegand, begleitet.
(Piktoralismus. Verborgene Modernität. Fotografie 1896 – 1916)
Liste der teilnehmenden Künstler:
James Craig Annan | Hugo Erfurth | Frank Eugene | Hugo Henneberg | Theodor & Oskar Hofmeister | Getrude Käsebier | Rudolf Koppitz | Heinrich Kühn | Dr. Rupert S. Lovejoy | Elise Mahler | Karel Novák | Erwin Raupp | Edward Steichen | Alfred Stieglitz | Anton Josef Trcka | Hans Watzek | Clarence H. White
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