Olivia Coeln
Knot of Toads
In ihrer neuen Serie Knot of Toads zeigt Olivia Coeln nicht etwa die titelgebenden Krötenhaufen, sondern jene in ihrer Anordnung ähnlich verwachsene und dabei nicht mehr als individuelle Pflanzen- oder Fruchtkörper erkennbare, vielköpfige Truppen psilocybinhaltiger Pilze. Eingebettet in Ökologien des Alltags, verweisen diese auf Potentiale der Bildgebung, auf imaginäre Räume und deren soziale und materielle Dimensionen. Dabei von Ökologien zu sprechen, bietet die Möglichkeit, nicht länger zwischen den Anteilen menschlicher Einflussnahme und natürlichem Wachstum zu unterscheiden, und stattdessen ihr Ineinander-Stattfinden in Betracht zu ziehen.
Ein beliebtes Meme der letzten zwei Jahre, das mich und andere auf den diversen Plattformen unseres Mediengebrauchs verfolgt hat, zeigt einen kleinen Teich, in dem ein Mann sitzt, der dank seiner Figur und seines Gesichtsausdrucks an eine Buddha-Statue erinnert. Die angezogenen Knie, der nackte Oberkörper und der Kopf mit hoher Stirn sind oberhalb der Wasseroberfläche zu sehen und füllen sie zugleich aus, Grünpflanzen hängen sowohl über den Rand des Teiches als auch über dem Mann ins Bild und rahmen beide ein, diverse Wasserspiele und Deko-Elemente verweisen auf einen privaten, nach spezifischen Vorlieben gestalteten Raum. Die im Bild angebrachte Byline (dem nur wenig älteren, eigentlich unbebilderten Tweet einer ganz anderen Person entnommen) beschreibt ihn als „Unbothered. Moisturized. Happy. In My Lane. Focused. Flourishing“.
Schnell wurde der gedeihende Badende in den unvermeidlichen Iterationen des Bildes auch durch andere Lebewesen im Wasser ersetzt, durch Reptilien, durch Krokodile auf Luftmatratzen, durch Fantasiewesen mit glänzender Haut, die jeweils ähnlich, auf eine ungewöhnliche Weise an ihren Lebensraum angepasst schienen und in ihm zufrieden. Denkt man diesen Lebensraum als Austausch von Nährstoffen, Geldern und Wissen an dem menschliche und nicht-menschliche Akteure beteiligt sind, vom Pilzgeflecht her, stellt dies nicht zuletzt das Bild einer passiven, mechanischen Natur als Hintergrund menschlichen Handelns in Frage und so auch die Idee desjenigen, der vor dieser Kulisse agiert. Dieser Handelnde, der sich mit anderen als menschlichen Handlungsträgern nur insofern auskennt, als dass sie ihm Erfahrungen ermöglichten, die er machen will, also mehr mit Ayahuasca Ritualen, weniger mit den Grenzen seiner Fähigkeiten, sah sich zuletzt mit der globalen Expansion eines Virus konfrontiert, dank der sein mit großer Aufmerksamkeit versehene Körper ebenso krank werden konnte, wie jeder andere auch, ein Umstand, den nicht alle Atemtechniker und Asana-Heiler überwunden haben. Die besonderen Körper der Influencer, die zufälligerweise stets Nahrungsmittel vom andern Ende der Welt benötigen, um entgiftet und voller Potential, selbst-reguliert und -bestimmt zu sein, erwiesen sich dabei als gedachte Monaden, als welche, die vor allem als Einzelne gedeihen wollten. Das Meme, die in ihm aufgelisteten Prioritäten, aber auch die Pilzkulturen auf Olivia Coelns Bildern gedeihen dagegen in Zwischenräumen, mit anderen, entwickeln sich in einer Umwelt, die von ihnen abhängt und sie von ihr.
Anke Dyes
Olivia Coeln
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