Michael Gumhold
[: The : Complete : Rehearsal : Room : Recordings :]
Ozzy Osbourne, Floorpieces, Bruce Nauman, Moonwalk, The Sculpture Group, Marcel Breuer, Altamont, roue de bicyclette … das vielschichtige Referenzsystem des 31-jährigen Künstlers Michael Gumhold macht vor keiner Ikone der Musik-, Kunst- oder Designgeschichte halt. Unbefangen greift er in die Schatzkiste unserer Erinnerungen und legt die Archive in unseren Köpfen frei. Er seziert, zerlegt, wiederholt, knüpft neue Verbindungen und legt die Fährten aus, auf denen wir ihm in sein semiotisch-visuelles Universum folgen. Gumhold knüpft Assoziationsketten von Zitaten, die jedoch nicht bloße Verweise bleiben, sondern Ausgangspunkte für ästhetische Neuformulierungen sind. Die KünstlerInnen einer „Cut 'n' Mix“-Generation, wie auch Michael Gumhold, bewegen sich ganz selbstverständlich in einem dichten Netz sprachlicher, akustischer, formaler und visueller Informationen. Ihre künstlerische Praxis zeichnet sich durch die Unbekümmertheit aus, mit der sie bereits Bekanntes in unerwartete Zusammenhänge und somit neu zur Disposition stellen. Eine Verschiebung von Bedeutungsaspekten – wie von high zu low, vom originalen Unikat zur rekontextualisierten Kopie – hat hier durchaus Methode und ist beabsichtigt.
Der ausgebildete Bildhauer Michael Gumhold erweist sich dabei als raffiniert-ironischer Sampling-Spezialist. Seine grobe Materialästhetik und expressiver Gestus sind direkt dem Ereignishaften der Musik und hier vor allem einer härteren Rockrichtung entlehnt. In seinen Rehearsal : Room-Installationen werden aus der Musik bekannte Apparaturen, wie Instrumente, Mikrophone oder Verstärker aus ihrem Funktionszusammenhang gelöst und finden ihre Existenz als Skulpturen im Zeichensystem Kunst – ein aus einem leeren Ölkanister und Holzlatten zusammengesetztes Schlagzeug, mit Eierkartons errichtete Schalldämmungswände oder mit Nägeln besetzte Nachbauten von Mikrophonen. Die Musik selbst bleibt zwar stumm, doch ihr revolutionäres Potential, ihre affektive Unmittelbarkeit und performative Kraft werden in die Situation der Ausstellung mit hinein transformiert.
Die Erinnerungen an das Akustische bleiben im Visuellen vorhanden und Michael Gumhold legt seiner eigenen Logik folgend weitere Fährten aus, wenn er diese wie auch in der aktuellen Ausstellung [: The : Complete : Rehearsal : Room : Recordings :] mit dem Referenzsystem Kunst verknüpft. Steht man vor seiner Arbeit Moonwalk a Carl Andre Floor Piece Wood Maquette vermeint man das Geräusch beinahe zu hören – verursacht durch das Schleifen unserer Sneakers beim Ausüben des durch Michael Jackson bekannt gewordenen Tanzschrittes auf einem „Dance“-Floor Piece von Carl André. Die rückwärts gewandte Bewegung wird durch die Drehung imitiert, die wir durchführen müssen, um den Text auf der Maquette vor uns lesen zu können. Dennoch bleibt alles Modell und vervollständigt sich nur in unseren Köpfen durch die Aktivierung unserer Erinnerungsarchive. Oder denken wir nicht an Bruce Nauman, wenn wir uns mit Blick auf Phil im engen Corridor aus Kassetten-„Walls of Sounds“ aneinander vorbeischieben und uns unweigerlich der Rhythmus der Coverversion „Baby I love you“ von den Ramones in den Sinn kommt?
Die Gesamtkonzeption von Michael Gumholds „Complete Recordings“ folgt den Prinzipien des Verschränkens, Verschiebens und Verdichtens von erinnerten Versatzstücken. So wird jedes einzelne Element in diesem System gegenseitiger Bezugnahme zum Mitspieler, zum Mitglied im Gesamtarrangement des Samplers – The Sculpture Group. On Stage. TONIGHT.
Anfrage
Bitte hinterlassen Sie Ihre Nachricht hier