Muntean / Rosenblum
Die Konventionen zu brechen, mit den Konventionen zu brechen
Was wir als realistische Darstellungsweise empfinden, setzt Konventionen voraus. Der Kunst fällt es zu, Konventionen zu brechen, um den Leerlauf der Gewohnheiten, auf dem sie beruhen, zu entlarven, und diese Aufgabe wird umso schwieriger, je mehr von ihnen auf dem Spiel stehen. Wenn Muntean/Rosenblum exzerpierte, collagierte und selbst verfasste Texte, die als Generalbass ein anhaltendes memento mori mit sich führen, ihren Bildern gegenüberstellen, die aus schematischen Traditionen der Kunstgeschichte, Affektenlehre und gestischer wie mimischer Pathosformeln im Kontrapunkt mit den Klischees moderner Lebens- und Repräsentationsformen einen scheinbar einheitlichen Bildraum konstruieren, konotieren sich die symbolischen Kompositionen gegenseitig. In dieser künstlich hergestellten, synchronen wie diachronen Dichte übertragen sich die verborgenen Brüche zuerst unbemerkt, zeitverzögert, gemäß der Rhetorik einer fast sentimentalischen Wirkungsästhetik. Das Raffinement dieser Verschleierung hat mit der eigenen malerischen Entwicklung der Künstler zugenommen, im Übergang von flächiger Darstellung in Acryl zu einer die hell-dunkel Kontraste ausnützenden, perspektivischeren Ölmalerei, durch das Ersetzen der im Hoch und Tief des kulturellen Raums vorgefundenen Figuren durch selbst hergestellte, mit Lichtverhältnissen experimentierende fotografische Vorlagen. Der beim Malen abgeklebte Rand, der beim fertigen Bild mit runden Ecken die weiße Leinwand freigibt, kann als ein Indiz für das vieldeutige, aber offene Spiel mit Illusionen gelten. Trotz ihres affirmativen Charakters heben die aphoristisch konstruierten Randinschriften Einsicht ins Endgültige und beschworene Innerlichkeit auf, z.B. die auf Komplementärbegriffen beruhenden:
„THE ONLY INTERESTING ANSWERS ARE THOSE WHICH DESTROY THE QUESTIONS“, „DEATH IS MORE UNIVERSAL THAN LIFE; EVERYONE DIES BUT NOT EVERYONE LIVES” oder „IT IS BETTER TO BE HATED FOR WHAT YOU ARE THAN TO BE LOVED FOR WHAT YOU ARE NOT.“
Bei den Zeichnungen gleichen die aus vorgefundenen Satzstücken und Schrifttypen collagierten Subtexte die größere Einheitlichkeit der farbfreien Darstellung aus, und fallen erst dort weg, wo das Dargestellte selbst emblemartig zur Aussage wird. Wenn im Zentrum der Ausstellung auf einer von Uniformierten umstellten, aus Galeriemüll hergestellten Barrikade eine Performance zum Tableau vivant erstarrt, in der ein Vanitas-text durch ein Megaphon geschrien wird, der unter anderem die Vermittler der eigenen Tätigkeit ins Dunkel schickt, wird ein weiteres mal eindringlich die Vergeblichkeit thematisiert, mit der Darstellungsebenen hin zu einer vermeintlichen, mehrdimensionalen Realität durchbrochen werden.
Text: Benedikt Ledebur, 24. Juni 2010
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