Precious
CARTER, Katrina Daschner, Jakob Lena Knebl, Camila Sposati
Eröffnung: 19. Jänner 2023, 18.00 - 21.00
Im 20. Jahrhundert kam es durch die Ablösung der Kunstproduktion vom bildbezogenen Kunstbegriff zu einem Paradigmenwechsel. Dieser beinhaltete eine Emanzipation verschiedenster Materialien, die neue ästhetische Kategorien ermöglichten. Innerhalb der Entwicklung spielte Textiles eine wesentliche Rolle. Precious vereint vier künstlerische Positionen, deren verschiedenartige Verwendung von Textil die multiple Kontextualisierbarkeit des Materials zeigen.
Die Bilder des amerikanischen Künstlers CARTER bilden lebendige Patchworks persönlicher Symbolik. Inspiriert von einem jahrzehntelangen Interesse an den Tropen der traditionellen Porträtmalerei, verstärkt er seine Arbeiten mit Gesten und Gesichtsausdrücken, wie verdreht ausgestreckte Zungen, die aus neonfarbigen Mündern hängen, gepaart mit durchdringenden Augenpaaren. Der Effekt ist ein viszerales Gefühl, das die feine Linie zwischen Lust und Abstoßung überbrückt. Seine halluzinatorische Farbpalette wird durch die Einbeziehung von Frottee, Geschirrtüchern, Deckchen, Applikationen/Aufnähern und anderen Stickverzierungen erweitert. Vertraute Materialien, die oft dem Weiblichen zugeordnet werden, spiegeln sein kritisches Interesse am vorstädtischen Leben und dem sozialen und kulturelle Gewicht eng definierter Geschlechtszuschreibungen wider.
Das Spiel mit Sinneswahrnehmungen, Texturen und Gefühlen ist Katrina Daschners Werk inhärent. In der Serie Lesbian Teletentakel verwendet die Künstlerin Green Screen als Trägermaterial, der im Film oder Fernsehen Hintergründe austauschbar macht und so dem Betrachter eine individuelle Projektionsfläche bietet. Die bestickten Formen von non-genderbinare Wasserkreaturen und genähten Konturen fließen ineinander. Mit synthetischem Haar als skulpturales Element transformiert die Künstlerin das zweidimensionale Bild und schafft neue Körper fernab jeglicher Norm. Mit taktilem Blick verdichtet sie Genderthemen auf subtile Weise, macht sie sinnlich erfahrbar und hinterfragt, was als künstlerische und gesellschaftliche Norm definiert wird.
Jakob Lena Knebl verbindet in ihren Arbeiten die assoziative Fülle ihres eigenen Denkens mit unterschiedlichen künstlerischen Praktiken. Ihr Interesse an Alternativen zu normativen und kommerzialisierten Begehren so wie das Wechselspiel zwischen dem Objekt als Körper im Raum und seinem Einfluss auf den Körper des Betrachters lässt sie der Frage nach dem Fetisch als Motor in unseren Beziehungen zu Körpern, Materialien und Dingen im Allgemeinen als Identität -bildenden Moment nachgehen. Der Wandteppich, ein immer wiederkehrendes Objekt in Knebls Environments und Szenografien, steht für einen Paradigmenwechsel: während der Begriff Angewandte Kunst hier noch immer greifbar ist und der puren Oberfläche einer Stilgeschichte folgt, ist die Umsetzung von gesellschaftstheoretischer Relevanz und Teil einer Kultur- und Sozialgeschichte.
Camila Sposati untersucht in ihren Arbeiten Transformations- und Energieprozesse mit Mitteln, die oft wissenschaftlichen Forschungsmethoden ähneln. In ihrer Arbeit stellt die Künstlerin materiellen und historischen Prozessen gegenüber, um unsere Wahrnehmung von Natur und ihren Bedeutungen zu untersuchen. Die Werkgruppe Charting Revolution, Transecting the Symbolic Roots of the Earth (2011) entstand während einer Feldforschungsreise entlang der historischen Seidenstraße in der turkmenischen Wüste und in Usbekistan. Mit lokalen Stickereien, sogenannten Suzanis, die sie als Ausgangspunkt für ihre Textilarbeiten in Auftrag gibt, verwebt sie die Komplexität geologischer Gegebenheiten, traditionelle Handwerk, ökologischer Fragestellungen und sozialer Bedingungen zu einer visuellen Erfahrung der souverän konzipierten Objekte.
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