Ján Mančuška
This is how it really happened
Ján Mančuška wurde 1972 in Bratislava, Slowakei geboren. Er lebt und arbeitet in Prag und Berlin. Seine Arbeiten wurden in zahlreichen internationalen Einzelausstellungen präsentiert, u. a. in der Kunsthalle Basel, Frankfurter Kunstverein, Meyer Riegger Galerie in Karlsruhe und Andrew Kreps Gallery in New York sowie als Teil von Gruppenausstellungen im Museum of Modern Art New York, ZKM Karlsruhe, MUMOK Wien, Tel Aviv Art Museum und des Neuen Berliner Kunstverein. Im Jahr 2005 war Mančuška als Vertreter für den tschechischen Pavillon der 51. Biennale in Venedig eingeladen.
Nachdem er bereits im Jahr 2008 im Rahmen der Gruppenausstellung [Scene Missing] bei Georg Kargl Fine Arts zu sehen war, zeigen wir nun Ján Mančuška mit einer Einzelpräsentation in der Georg Kargl BOX.
Bei dem Werk handelt es sich um eine speziell für den Raum konstruierte Installation, bestehend aus zwei in Kreisform von der Decke herabhängenden Stoffbahnen. Dadurch entstehen zwei zylinderförmige ineinander übergreifende Räumlichkeiten, in denen sich je ein Projektor auf einer schwenkbaren Plattform befindet. Diese drehen sich Schritt für Schritt im Halbkreis synchron zu den projizierten Bildern. Die beiden Diaprojektoren geben jeweils unterschiedliche Bildzyklen wieder, die sich in einem endlosen Loop wiederholen.
Die Bildschau im ersten Halbkreis hat den Projektor selbst zum Gegenstand. Dessen Bewegung und die ständige Veränderung des Blickwinkels, durch die sich drehende Plattform, sind auch in der Abfolge der projizierten Bilder wieder zu finden. Das heißt, stets ist der Projektor in der tatsächlichen momentanen Position zu sehen. Mančuška verfolgt hier einen ontologischen Ansatz, der Projektor als Objekt verweist auf sich selbst und dessen Wesenheit. Das Medium selbst wird gleichsam zum Akteur.
Der Inhalt der zweiten Bildabfolge sind Fotografien, die in Zusammenarbeit mit dem Fotografen Martin Polak entstanden sind. Darauf sind verschiedene collageartig arrangierte Alltagsgegenstände, wie Stifte, Gläser, Papier und Teller zu sehen. Ohne jeglichen erkennbaren Zusammenhang treten auf und zwischen diesen Gegenständen Satzfragmente und Wörter in Erscheinung, und es obliegt dem Betrachter diese zueinander in Beziehung zu setzen.
Zu Beginn der Diaabfolge ergeben die Fragmente einen einheitlichen Satz.
„This text is written in such a way as to present a story, which, however, only resembles a story that really happened. At the time, though, it was not yet a story because in order to be a story it must have a beginning and an end. Because the goings-on around carry on continuously without a beginning and an end, we would not remember anything or even forget everything else...“
Auch hier bewegt sich der Projektor schrittweise im Halbkreis vor und zurück. Ab einem gewissen Zeitpunkt taucht eine Person, der Künstler selbst, auf den Fotografien auf und beginnt die verschiedenen Gegenstände und Textfragmente neu zu arrangieren, wodurch eine andere Geschichte bzw. ein neuer Inhalt aus der ursprünglichen Satzkonstellation generiert wird. Mančuška bedient sich narrativer Strukturen und wird selbst zum Autor einer Geschichte, die während sie erzählt wird, also während ein Bild auf das andere folgt, sich bereits wieder verändert. Die einzige Konstante sind die Wortfragmente selbst, die aus ihrem Zusammenhang gerissen, frei von Bedeutung und Kontext neu arrangiert werden können. Eine nicht unwesentliche Rolle spielt der Betrachter, der nicht nur passiv an dem Ereignis teilnimmt, sondern individuell aus den einzelnen Elementen eine persönliche Geschichte entwickeln kann. Wie schon im Fall des Projektors liegt auch hier der Fokus auf dem Medium an sich. Die Narration selbst und ihre Beschaffenheit werden zum Thema. Sie wird auf einzelne Fragmente reduziert, doch der Verweis auf ein scheinbar nichtvorhandenes Ganzes, einer Geschichte bleibt bestehen.
Durch die Projektionen, die sich räumlich fortbewegen, arbeitet der Künstler in einem Grenzbereich von Fotografie und bewegtem Bild. Dies ermöglicht ihm dem Werk eine zeitliche und vor allem eine räumliche Komponente einzuschreiben. Der Ausstellungsraum wird zur Bühne für seine raumgreifende Installation in der Text, Film, Raum und Zeit eine zentrale Rolle spielen ebenso wie Wahrnehmung und Selbstreflexion. Es handelt sich um ein sehr individuelles Werk des Künstlers, das zwar seine persönliche Geschichte erzählt, aber indem er sie verändert und neu konstruiert bietet er dem Betrachter einen Raum und die Möglichkeit an diesem Prozess teilzuhaben. Mit Hilfe cinematographischer Techniken inszeniert er ein Setting, das der Betrachter durchwandern und ebenso daran teilnehmen kann, wodurch das Werk zu einem individuellen Ereignis für alle Beteiligte wird.
Text: Jane Weiss
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